Film

Filmkritik: Colossal

FANTASY FILMFEST 2017: Witzig, aber kein Feelgood-Film. Effektreich, aber kein Action-Blockbuster. Ernst, aber immer wieder überraschend. Es ist schwer Nacho Vigolandos schwarze Komödie Colossal zu beschreiben, ohne das Wort «aber» zu verwenden. An mehrere Stellen dieses Films werden die Zuschauererwartungen unterlaufen und alles, was man sich bis dahin aus der fantastischen Story zusammengereimt hatte, auf den Kopf gestellt. Klingt anstrengend, ist aber (es geht wirklich nicht ohne) äußerst unterhaltsam und nachdenklich.

Die Party ist zu Ende

So kommt Colossal beispielsweise zunächst wie ein leichtfüßige Tragikomödie daher: Gloria (Anne Hathaway) ist eine arbeitslose Journalistin in New York, die sich die Nächte in Begleitung einer Party-Posse in Kneipen um die Ohren schlägt. Ihr Alkoholproblem ist nur so weit sichtbar, dass man sie noch attraktiv und ihre Verpeiltheit witzig finden kann. Als sie aber zum wiederholten Mal erst morgens nach Hause kommt und nichts als fadenscheinige Ausreden für ihren grundsoliden Freund Tim (Dan Stevens) übrig hat, schmeißt der sie kurzerhand aus der gemeinsamen Wohnung.

Zurück nach Hause

Da sie sich keine andere Bleibe leisten kann, zieht Gloria zurück in ihr Heimatkaff in New Hampshire und bezieht das leer stehende Haus ihrer Eltern. Ihre Wege kreuzen sich bald mit Oscar (Jason Sudeikis), einem Freund aus Kindertagen, der sie herzlich empfängt und ihr auf die Beine hilft: Er besorgt ihr einige Möbel und einen Job als Kellnerin in seiner Bar. Doch bevor alles in eine Liebeskomödie umzuschwenken droht, erreicht die ganze Welt eine unglaubliche Nachricht: Die südkoreanische Metropole Seoul wird von einem Godzilla-artigen (aber aus urheberrechtlichen Gründen nicht so aussehenden) Ungeheuer heimgesucht, das Menschen und Gebäude niedertrampelt. Von den Aufnahmen dieser unfassbaren Geschehnisse ohnehin schon bestürzt, stellt Gloria bald mit noch größerem Schrecken Parallelen zwischen sich und diesem Monster fest…

Unerwartete Wendungen

Ok, eine vielversprechende Storyline für eine sehenswerte Komödie mit ernsten Tönen zu den Gefahren des Alkoholismus, könnte man meinen. Doch die große Stärke (für einige Kritiker wohl eher eine Schwäche) von Colossal ist, dass es sich damit und allem, was man an Handlung vorhersieht, nicht zufrieden gibt. Drehbuchautor und Regisseur Nacho Vigalondo wollte mehr. Und wer etwas Geduld für die zunächst (aus guten Gründen) nicht nachvollziehbaren Wendungen dieses Films aufbringt, kriegt auch mehr: Einen Film, der sich äußerst intensiv destruktiven Verhaltens- und Beziehungsmustern widmet, der Widersprüchlichkeit seiner Figuren nachspürt und alles zu einem gelungenen und erhellenden Abschluss bringt. Und wem das nicht reicht: Colossal hat nicht nur ein Kaijū zu bieten, sondern auch einen Roboter.

Colossal Film

Colossal

Kanada / Spanien 2016

Länge: 110 Min.

Regie&Drehbuch: Nacho Vigalondo

Besetzung: Anne Hathaway, Jason Sudeikis, Dan Stevens, Austin Stowell, Tim Blake Nelson

Gesehen auf dem Fantasy Filmfest 2017

culturshock-Wertung: 7/10

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