Filmkritik: Maggies Plan
BERLINALE 2016 – PANORAMA Special: Rebecca Millers Beziehungskomödie Maggies Plan
Dass das Leben manchmal ungeahnte Wege geht, um neues Leben zu erschaffen, ist der New Yorker Mittdreißigerin Maggie (Greta Gerwig) seit jeher klar. Schließlich wurde sie von ihren Eltern nicht etwa innerhalb ihrer kurzen Ehe gezeugt, sondern Jahre nach deren Scheidung, als sie sich zufällig bei einer Party wiedersahen. „Du musstest einfach geboren werden“, erklärte Maggies Mutter diesen folgenreichen One-Night-Stand im Nachhinein. Nun da Maggie selbst einen Kinderwunsch verspürt, aber dennoch weiß, dass sie keine Beziehung länger als sechs Monate aushält, steht ihr Entschluss fest: Sie wird sich selbst künstlich befruchten. Als Samenspender hat sie ihren ehemaligen Klassenkameraden Guy (Travis Fimmel) ausgemacht. Guy ist ein Saure-Gurken-Unternehmer, der in seiner Freizeit gern Schlittschuh läuft und ein Faible für die Schönheit der Mathematik hat.
Folgenreiche Zufallsbekanntschaft
Während ihre Freunde sie für verrückt erklären, darunter ihr Ex-Freund Tony (großartig: Bill Hader), ein genervter Familienvater und Anwalt, macht Maggie mit Guy aus, wann er seine Samenspende bei ihr abliefern soll. In der Zwischenzeit will sie noch Ersparnisse anhäufen. Zu dieser Zeit lernt sie durch einen Buchungsfehler bei der Gehaltsüberweisung den Dozenten John Harding (Ethan Hawke) kennen, der ebenso wie sie an der Columbia University lehrt. Die beiden kommen sich näher.
Bald bittet John Maggie, das erste Kapitel seines Romanmanuskripts zu lesen. Seine Ehefrau Georgette (Julianne Moore), ebenso wie John eine Koryphäe auf dem Gebiet der fikto-kritischen Anthropologie (ein Fantasiefach, das wohl auf einige der skurrilsten postmodernen Studiengebiete anspielen soll), hätte wenig Verständnis für seine schriftstellerischen Ambitionen und überhaupt wenig Gehör für seine Bedürfnisse. Die beiden haben zwei Kinder, was John nicht davon abhält, eines Tages spontan in Maggies Wohnung aufzutauchen, ihr seine Liebe zu erklären und mit ihr eine Affäre zu beginnen. Es ist Maggies Stichtag und die Do-it-Yourself-Befruchtung gerade mal ein paar Minuten her.
Alles auf Anfang
Der Auftakt von Maggies Plan legt mit der liebevollen Charakterisierung seiner sonderbaren Figuren einen soliden Grundstein für die ungeahnten Entwicklungen in dieser im verschrobenen Akademiker-Milieu angesiedelten Komödie. Drei Jahre nach dem scheinbar missglückten Befruchtungsversuch findet Maggie sich in einer Ehe mit John und als Mutter der zauberhaften dreijährigen Lily wieder. Sie, die doch einst keine Beziehung länger als sechs Monate ausgehalten hatte. Und auch diese zeigt erste Risse, die darauf hinweisen, dass sie und John einfach nicht für einander geschaffen sind. Dass John fast täglich mit seiner Ex-Frau telefoniert, stimmt sie zudem nachdenklich. Erneut fackelt Maggie nicht lange und verfolgt bald einen neuen abstrusen Plan: John wieder mit seiner Ex-Frau Georgette zusammenbringen. Und wie drei Jahre zuvor, lässt sie sich dieses Ziel auch nicht von ihren bestürzten Freunden ausreden.
Pointierte Quirkyness
Eine leichte, aber vor ironischem Witz sprühende Komödie mit äußerst fein aufeinander abgestimmten Story-Details ist Regisseurin und Drehbuchautorin Rebecca Miller (Pippa Lee) mit Maggies Plan gelungen. Greta Gerwig setzt nach Frances Ha erneut ihren wunderlich-liebenswerten, ‚quirky‘ Charme ein, was wohl einige fragen lassen wird, ob sie überhaupt etwas anderes so überzeugend spielen kann. Ja, sie kann. Dass sie sich aber hier auf die bereits bekannte Facette besinnt, verleiht diesem gut durchdachten Film über die in Beziehungen geformten charakterlichen Vorannahmen, Abwege und Enttäuschungen den letzten Schliff.
Maggies Plan(Original: Maggie’s Plan) culturshock-Wertung: 7/10 |
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