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Filmkritik: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Eine schwarze Komödie, Gesellschaftsdrama oder Rache-Thriller? Martin McDonaghs Three Billboards Outside Ebbing, Missourientzieht sich partout solchen Einordnungen und wird jeden vor den Kopf stoßen, der eine simple Geschichte über den Kampf einer Frau für Gerechtigkeit erwartet. Stattdessen fordert uns dieser Film mit widersprüchlichen Charakteren, schockierenden Wendungen und späten Einsichten heraus – zum Glück.

Sieben Monate nach dem gewaltsamen Tod ihrer Tochter Angela, kennt Mildred Hayes‘ (Frances McDormand) Wut keine Grenzen mehr. Obwohl sie von der schweren Krebserkrankung des ermittelnden Sheriffs Bill Willoughby (Woody Harrelson) weiß, prangert sie seine scheinbare Unfähigkeit an, indem sie drei Werbetafeln an einer viel befahrenen Straße ihrer Heimatstadt mietet. In schwarzen Lettern vor rotem Hintergrund verkünden diese unübersehbar ihre Vorwürfe: „RAPED WHILE DYING“ / „STILL NO ARRESTS?“ / „HOW COME; CHIEF WILLOUGHBY?“ Die Werbetafeln bringen einige Kleinstadtbewohner gegen Mildred auf, distanzieren ihren ohnehin schon depressiven Sohn weiter von ihr, sorgen aber auch dafür, dass sich Willoughby wieder mit dem Fall ihrer Tochter beschäftigt.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Mildred (Frances McDormand) vor ihren Werbetafeln

Nicht der Film, den man erwartet

Mit der Beschreibung dieses Auftakts ist aber noch gar nichts über Three Billboards Outside Ebbing, Missouri gesagt, denn dieser Film verweigert sich konsequent jeglichem erzählerischen Ausweg, der einen in den Sinn kommen könnte. Ein kranker Sheriff, der seinen letzten Fall löst? Eine trauernde Mutter, die endlich Frieden findet? Ein Täter, der bekommt, was er verdient? All das können wir hier getrost vergessen, denn Drehbuchautor und Regisseur Martin McDonagh, bekannt für schwarze Komödien wie Brügge sehen…und sterben? und 7 Psychos, hat etwas anderes im Sinn: Die Erkundung von Wut, Vorurteilen und scheinbaren Widersprüchen in seinen Charakteren.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Officer Jason Dixon (Sam Rockwell) im Streit mit Mildred

So ist man anfangs dazu geneigt, Mildreds unbändigen Zorn nachzuvollziehen und sie als aufrechte Kämpferin für Gerechtigkeit zu sehen. Hinter der Rücksichtslosigkeit, mit der sie ihr hehres Ziel verfolgt, stecken aber auch Schuldgefühle, denen sie sich partout nicht stellen will, was alles noch viel schlimmer macht. Währenddessen mag man Officer Jason Dixon (großartig: Sam Rockwell), der Willoughby bei seinen ratlosen Ermittlungen assistiert, völlig zu Recht als brutalen und rassistischen Hohlkopf abstempeln. Im erschreckenden Verlauf des Films kommt man dennoch nicht umhin, ungeahnte Qualitäten an ihm zu entdecken. Diese entschuldigen ihn nicht gänzlich, aber lassen ihn uns als Menschen von mehr als einer Seite betrachten. Hinzu kommen einige weitere interessante Nebencharaktere, auf die sowohl Licht als auch Schatten fällt – etwa Mildreds Ex-Ehemann Charlie (John Hawkes), der mit einer 19-jährigen zusammenlebt oder Red Welby (Caleb Landry Jones), der Verleiher der Werbetafeln, die ihn noch teuer zu stehen kommen.

Hinein in die Sackgasse

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri malt damit ein einprägsames Bild von einer Südstaaten-Kleinstadt, deren Bewohner man mehrheitlich für einfältige Asis halten könnte, wenn sich hier nicht so eingehend mit charakterlichen Ungereimtheiten auseinandergesetzt würde. Das ist verwirrend, häufig unerwartet witzig und manchmal sehr brutal – und alles in allem ungemein herausfordernd. Dieser Film wird sehr wahrscheinlich nicht die Geschichte erzählen, die man erwartet hat. Aber gerade auf diese Weise offenbart er die Sackgassen, in die Vorurteile und Wut unweigerlich hineinführen.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

USA 2017

Regie & Drehbuch: Martin McDonagh

Besetzung: Frances McDormand, Woody Harrelson, Sam Rockwell, John Hawkes, Caleb Landry Jones, Peter Dinklage

115 Min. Kinostart Deutschland: 25. Januar 2018

culturshock-Wertung: 8/10

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