Filmkritik: Barakah Meets Barakah
BERLINALE 2016 – FORUM. Barakah Meets Barakah ist eine so charmante wie gesellschaftskritische Liebeskomödie aus Saudi-Arabien.
Hamlet und ‚Heavenly Hips‘
Verbote aussprechen und ermahnen – das sind die eigentlichen Aufgaben von Barakah Urabi (Hisham Fageeh). Als Ordnungsbeamter soll er auf Streife dafür sorgen, dass der Alltag in der Hafenstadt Dschidda auch im Einvernehmen mit dem islamischen Recht verläuft. Dies tut er ohne religiösen Eifer, dafür freundlich und gesprächsbereit, etwa, wenn er einen Gemüsehändler darauf hinweist, dass es verboten sei, seine Ware vorm Laden auszustellen. Dass seine Kollegen mehr Anerkennung ernten, indem sie Alkohol konfiszieren und öffentliche Vorführungen von Filmen unterbinden, kümmert Barakah nicht weiter. Schließlich lebt er seine wahre Leidenschaft nicht im Job, sondern in einer Laien-Theatertruppe aus, die gerade an Shakespeares Hamlet arbeitet. Barakah spielt darin Ophelia – gemeinsame Proben und Aufführungen mit Frauen wären undenkbar.
Als er eines Tages ein nicht genehmigtes Fotoshooting am Strand unterbinden soll, begegnet er Bibi Harit (Fatima AlBanawi). Sie modelt für ‚Heavenly Hips‘, das Klamottenlabel ihrer Mutter – aber weitaus bekannter ist sie durch ihre Social Media-Aktivitäten geworden. Bibi postet gesellschaftskritische Videos, auf denen stets nur ein Teil ihres Gesichts zu sehen ist. Sie ermahnt zur Unterstützung von Fair Trade-Produkten, besucht Kunstausstellungen (die sie bei Erscheinen der Religionspolizei gleich wieder verlassen muss), postet Bilder von ihrem mit Henna verzierten Bauchnabel (das erste der verpixelten Bilder in diesem Film) – und führt damit als junge Frau ein für saudische Verhältnisse vermutlich weitgehend freies Leben.
Charmant und kritisch
Barakah verfällt vom ersten Augenblick an ihrem rebellischen Geist und ihrer charmanten Art. Nur wie soll man sich näher kennenlernen, wenn es in Saudi-Arabien einem Mann nicht gestattet ist, in der Öffentlichkeit mit einer Frau zu reden, mit der er nicht verheiratet oder verwandt ist? Fortan lassen Bibi und Barakah keine Gelegenheit aus, sich zu sehen. Dabei scheitern sie oft genug mit ihren Plänen und geraten schließlich in die für RomComs typischen Irrungen und Wirrungen. Nur, dass hier auf für dieses Genre eher untypische gesellschaftliche Probleme verwiesen wird.
Mit Barakah Meets Barakah ist Regisseur Mahmoud Sabbagh eine charmante Komödie gelungen, die zugleich unvermeidlich ein kritischer, wenn auch subtiler Gesellschaftskommentar ist. Die Absurditäten der erzwungenen Heimlichtuerei dieser aufkeimenden Romanze machen den Großteil der Komik aus, die aber stets auch nachdenklich stimmen soll. Etwa, wenn Barakah laut überlegt, wie es dazu kommen konnte, dass diese so junge Gesellschaft seit den 1980ern so viele Freiheiten eingebüßt hat. In Anbetracht der jüngsten großen Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien mag vielen dieser Film nicht politisch genug sein. Aber allein die Tatsache, dass solch ein die Sitten-Vorschriften veralbernder Film in einem Land gedreht wurde, in dem die Eröffnung von Kinos nach wie vor untersagt ist, ist ein nicht zu unterschätzendes Signal.
Aktualisierung: Nach 35-jährigem Verbot wurde in Saudi-Arabien 2018 das erste Kino eröffnet.
Barakah Meets Barakah(Original: Barakah yoqabil Barakah) culturshock-Wertung: 7/10 |
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