Film

Filmkritik: The Light Between Oceans

Es wird Herbst, die Tage werden kürzer und bald wieder eisiger. Da wird man auch schon gnädiger gegenüber Filmen, die scharf am Kitsch vorbeischrammen, um ins Zuschauerherz zu treffen. So auch im Fall von The Light Between Oceans, einer Bestseller-Verfilmung, der sich Regisseur Derek Cianfrance angenommen hat.

Mit Blue Valentine (2010) und A Place beyond the Pines (2012) bewies Cianfrance sein feines Gespür fürs Zwischenmenschliche und für Figuren, denen man so nahe kommt, dass man ihr Schicksal noch einige Zeit nach Filmende mit sich herumträgt. Eine gute Ausgangslage für dieses Liebesdrama, das noch dazu mit Michael Fassbender und Alicia Vikander in den Hauptrollen aufwartet. Doch der Einstieg deutet schon auf erste Probleme hin: Die Luftaufnahme einer Dampflok wird von einer Musikkomposition untermalt, deren aufdringlich tragischen Töne den Film quasi auserzählen, noch bevor er richtig begonnen hat.

Rückzug und Regeneration

Wir begegnen dem australischen Kriegsveteranen Tom Sherbourne (Michael Fassbender), der sich in der Hafenstadt Partaguese für eine Stelle als Leuchtturmwärter bewirbt. Einsam sei der Job, wird er gewarnt – er wäre ganz allein auf der von Meer umgebenen, kleinen Insel Janus Rock und müsse dort die nächsten drei Monate ohne menschliche Kontakte ausharren. Doch Tom, der tiefe Traumata aus dem Ersten Weltkrieg mit sich trägt, begrüßt diese Aussichten. Und Regisseur Cianfrance greift zu einer längeren Montage, in der wir ihn (natürlich zu leidlich ergreifender Musik) im Leuchtturm arbeiten, melancholisch in die Ferne blicken und über einem Amboss kauernd weinen sehen. Danach geht es ihm besser und er ist bereit, die Liebe seines Lebens zu treffen.

Liebestrunkene Kamera

Bevor hier der Eindruck entsteht, dass wir es mit einer einfachen Schmonzette zu tun haben, sei gesagt: The Light Between Oceans ist beeindruckend gefilmt und bringt die Schönheit des Settings im goldenen Lichtschein wunderbar zu Geltung. Die Kamera gleitet elegant von der Landschaft zu den Hauptfiguren, umkreist diese nur manchmal etwas zu liebestrunken. Was verzeihlich ist, da sie wohl eine schnelle Nähe zwischen Zuschauer und der rasant aufkeimenden Verliebtheit der Protagonisten herstellen soll. Nach den drei Monaten besucht Tom nämlich wieder die Hafenstadt und trifft dort von neuem auf Isabel (Alicia Vikander), eine junge Frau, die bei ihren Eltern wohnt und zwei Brüder im Krieg verloren hat. Ihre jugendliche Frische kontrastiert Toms ernste Wortkargheit, die er aber im anschließenden Briefwechsel überwinden und so Isabels Herz erobern kann. Die beiden heiraten und richten sich gemeinsam auf der einsamen Leuchtturminsel ein.

Was ihrem Eheglück aber bald im Wege steht, ist die ausbleibende Erfüllung ihres Kinderwunsches. Isabel erleidet zwei Fehlgeburten und das Gemenge aus Traurigkeit, Wut und Verzweiflung, das sie schließlich empfindet, bringt Alicia Vikander mit ihrer Darbietung eindrucksvoll auf den Punkt. Die Abgeschiedenheit der Insel verstärkt Isabels Einsamkeit, egal wie sehr sich Tom um sie bemüht. Erst als eines Tages ein kleines Boot ans Ufer treibt, in dem sie einen toten Mann und ein neugeborenes Mädchen entdecken, scheint sich das Schicksal für das Ehepaar zu wenden. Doch das neue Glück ist nicht von Dauer.

Überbetonte Tragik

The Light Between Oceans wandelt sich im weiteren Verlauf vom Liebes- zum moralischen Drama, das das Ausmaß an Opferbereitschaft und Vergebung innerhalb einer Beziehung ergründen will. Doch dabei verliert sich der Film leider allzu oft im Dramatischen, in kühnen, kaum nachvollziehbaren Entscheidungen seiner Protagonisten und natürlich in der Schönheit tragischer Bilder und bedeutungsschwangerer Musik, auf die sich der Film allzu gern verlässt.

Die Überbetonung der großen Tragik dieser Geschichte, die bereits zu Beginn des Films etwas übel aufstieß, wird zum Ende hin unerträglich und verfehlt gerade damit ihre Wirkung. Was besonders enttäuschend ist, wenn man an Cianfrances Vorgänger Blue Valentine zurückdenkt. Auch dieses Drama machte von Anfang an klar, dass die porträtierte Beziehung scheitern wird, aber trotzdem schaffte es jede Szene auf dem Weg zum Unvermeidbaren den Zuschauer zu packen, ihn mit den passiv- und schließlich aktiv-aggressiv ausgetragenen Konflikten zu schmerzen. Vielleicht weil die Figuren nicht gegen eine übermächtige Bild- und Ton-Ästhetik anzukämpfen hatten.

The Light Between Oceans KritikThe Light Between Oceans

Großbritannien/Neuseeland/USA 2016

Regie & Drehbuch: Derek Cianfrance

Nach dem Roman von M. L. Stedman

Besetzung: Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz

130 Min. Deutscher Kinostart: 8. September 2016

culturshock-Wertung: 5/10

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