Film

Filmkritik: Get Out

Erste Warnung: Auf den Trailer zu Get Out sollte man getrost verzichten, wenn man sich dem Horror dieses Films wirklich hingeben will. Regisseur und Drehbuchautor Jordan Peele gelingt es nämlich wunderbar, in seinem Filmdebüt weit genug am Spannungsbogen zu ziehen, ohne ihn zum Reißen zu bringen und dann mit geübtem Schuss ins Schwarze zu treffen. Sofern es einem eben nicht die schon vieles heraus posaunende Vorschau verdorben hat. Zweite Warnung: Ja, Get Out ist ein Horrorfilm mit satirischen Elementen – aber mit Anspielungen, die viel weiter ins Reale greifen, als dass man ihn unbekümmert verlassen kann.

Get Out Jordan Peele Horror

Chris (Daniel Kaluuya) auf der Gartenparty des Grauens

Gegen alle Vorahnungen

Kaum einer geht völlig arglos ins erste Kennenlernen mit den Eltern seines/ihres Partners, aber Chris (Daniel Kaluuya) ist besonders unwohl vorm Wochenendausflug mit seiner Freundin Rose (Allison Williams). Schließlich ist sie seine erste weiße Freundin und egal, wie und wie oft sie ihm versichert, ihre Eltern seien keine Rassisten, stellt er sich auf unangenehme Situationen ein. Dass sein Kumpel Rodney ihm mehrfach am Telefon mitteilt, was für eine dumme Idee das Treffen mit den weißen Eltern seiner weißen Freundin sei, hilft nicht. Und als dem Pärchen auf der Fahrt auch noch ein Reh vors Auto läuft und dann qualvoll am Waldrand verendet, scheint der Vorrat an bösen Vorahnungen auch langsam aufgebraucht. Gut so, denn von hier an wendet sich der Film seinem wahrlich interessanten Part zu: Rose‘ Eltern scheinen auf den ersten Blick wirklich sympathische Menschen zu sein, wenn auch etwas übereifrig in ihrer Herzlichkeit:

Ihr Anwesen ist so stattlich, wie man es von einem Neurochirurgen und einer Psychiaterin wohl erwarten kann. Und über die Irritation, dass sie zwei schwarze Hausangestellte haben, könnte Chris hinwegkommen, wenn ebendiese sich ihm gegenüber nicht so feindselig und überhaupt seltsam verhalten würden. Die Begegnungen mit weiteren Familienmitgliedern von Rose und Freunden ihrer Eltern muten immer bizarrer an, bis zu einer Gartenparty des Grauens, an dessen Ende es für ihn kein Entkommen mehr zu geben scheint.

Gegen die Marginalisierung

Auf den ersten Blick könnte Get Out wie eine satirische Erkundung von berechtigter Paranoia angesichts persönlicher und historischer Erfahrungen mit Rassismus wirken. Aber der Schrecken dieses Films breitet sich weiter aus, als es für solch eine simple Wendung nötig wäre und erinnert in seiner subtilen Steigerung ins Schauderhafte gar an Rosemaries Baby. Jordan Peele steigt hier mit schwergewichtigen Themen in den Ring: Der Mär vom ‚Post-Racial America‘, das keine Hautfarben und Diskriminierung mehr kenne, einer fortdauernden, nur anders deklarierten Ausbeutung von Menschen schwarzer Hautfarbe und einer ewig drohenden Marginalisierung schwarzen Bewusstseins. Auf letzteres läuft die Auflösung der Seltsamkeiten aus, denen Chris an diesem Wochenende unter Weißen begegnet. Den einzigen Ausweg für den Protagonisten hat Get Out da schon wiederholt aufgezeigt – vom Refrain des anfangs erklingenden Songs Redbone („Stay woke“) bis zur Eyes Wide Shut-Anspielung seines Freunds Rodney: Ein stets waches Bewusstsein, das keine Gelegenheit zur Herabwürdigung lässt.

Get Out Jordan Peele HorrorGet Out

Blumhouse Production, USA 2017

Regie & Drehbuch: Jordan Peele

Besetzung: Daniel Kaluuya, Allison Williams, Bradley Whitford

103 Min. Kinostart Deutschland: 4. Mai 2017

culturshock-Wertung: 7/10

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