Berlin hat viele Filmfestivals zu bieten, aber Produktionen aus den Balkan-Ländern sind meist kaum vertreten. Das SEEFF schafft Abhilfe und präsentierte in den vergangenen Tagen Filme aus 14 südosteuropäischen Ländern.
Seit 2010 findet in Paris alljährlich das South East European Film Festival (SEE à Paris) statt – auf Initiative vom Jordan Plevnes, dem ehemaligen mazedonischen Botschafter in Frankreich. Nachdem Plevnes im letzten Jahr das Festival versuchsweise nach Berlin gebracht hat, befand der damalige Jury-Präsident Harald Siebler, dass die Veranstaltung als eigenständiges Filmfestival fortgesetzt werden müsse. Es war die Geburtsstunde des SEE Film Festival à Berlin, das in den vergangenen Tagen Filme aus 14 Ländern Südosteuropas präsentierte. Dabei offenbarte es großes Potenzial für eine dauerhafte Bereicherung der Festivallandschaft Berlins.
Ergebnis einer Bruderschaft
Im Geiste einer „Partner- und Bruderschaft“ mit dem Ursprungsfestival sieht Harald Siebler das SEE Film Festival à Berlin und zieht in seiner Abschlussrede vor der Preisverleihung eine positive Bilanz. Etwa 1.000 Zuschauer haben in den vier Tagen die Filme im Audimax der Humboldt-Universität und im Zeughauskino angeschaut und sich anschließend an den Diskussionen und Q&As mit den angereisten Regisseuren beteiligt. Ein Team aus rund 50 Ehrenamtlichen hat diese Veranstaltung organisiert, die neben den Filmvorführungen auch Vorträge zu gegenwärtigen Schwerpunkten der Südosteuropa-Forschung an der Humboldt-Universität umfasste.
Enthüllen und Erinnern
Eröffnet wurde das Festival mit dem Dokumentarfilm Naked Island (Original Goli) der kroatischen Regisseurin Tiha Klara Gudac. Er handelt von einem hierzulande wenig bekannten dunklen Kapitel in der Geschichte Jugoslawiens: der kroatischen Insel Goli otok, die zu Titos Zeiten als Konzentrationslager für Dissidenten aus ganz Jugoslawien diente. Von 1948 bis 1988 standen hier Folter und Zwangsarbeit auf der Tagesordnung. Tiha Gudac, deren Großvater zwei Jahre lang in Goli Otok inhaftiert war, geht in ihrem bedrückenden Dokumentarfilm einem Familiengeheimnis auf den Grund. Eindrucksvoll legt sie dar, wie die Verschwiegenheit über eine schmerzhafte Vergangenheit auch nachfolgende Generationen beeinflusst.
Der Abschlussbeitrag What a Wonderful World aus Moldawien widmete sich mit einer tragisch-bedrückenden Erzählung den Ausschreitungen in Chișinău nach den Wahlen im Jahr 2009. Dieses Drama um einen jungen Studenten, der aus Boston in seine Heimatstadt zurückkehrt und in die brutale Niederschlagung der Proteste gerät, wurde bereits im vergangenen Jahr beim Besuch des Pariser Festivals in Berlin als Bester Film ausgezeichnet. Beim ersten SEE Film Festival à Berlin hat man die Gelegenheit genutzt, What a Wonderful World einem größeren Publikum zu zeigen, das diesen Film mit großen Applaus würdigte:
Frauen im Fokus
Im Fokus der ersten Ausgabe des SEE Filmfestival à Berlin standen aber vor allem die Frauen Südosteuropas. Die Kämpfe starker Frauenfiguren waren etwa im serbischen Noir-Drama Legacy (Original: Amanet) oder im griechischen Beitrag Silent Thema. Auch die internationale Jury wusste die weibliche Perspektive in den gezeigten Filmen zu würdigen. So ging der Preis für die Beste Regie an die Kroatin Snježana Tribuson für ihre Komödie All the Best. Die Auszeichnung für den Besten Film erhielt der mazedonischer Psychothriller Three Days in September (Original: Tri dena vo septemvri). Dieser handelte vom Umgang mit häuslicher und sexualisierter Gewalt und beeindruckte vor allem durch die großartige schauspielerische Leistung von Irena Ristić in der Hauptrolle: